Hier meine Geschichte:

 

Ich wurde am 24.04.1995 in Ehringshausen, in der Nähe von
Gießen als, wie alle sagten, sehr hübsches Baby geboren. 
Meine Mama hatte eine problemlose Schwangerschaft hinter sich. 
Nur war ich sehr faul und wollte nicht auf die Welt, 
daher wurde ich 19 Tage nach dem errechneten Termin geboren.

 

Die Geburt verlief nicht gerade einfach  aber nachdem ich dann endlich da war, war erst
einmal alles gut und nach 5 Tagen konnte ich das Krankenhaus zusammen mit meiner Mama verlassen.

 

Die erste Auffaelligkeit war, dass ich eine Trinkschwaeche hatte. 
Das heisst, mein Saugreflex war sehr schwach ausgepraegt, was Schwierigkeiten beim Stillen bedeutete.
Aber nach kurzer Eingewöhnungszeit hatten wir keine Probleme mehr. 
Das Stillen dauerte halt immer etwas länger.

Die naechsten Monate verliefen unauffällig, ich nahm sehr schnell an Gewicht zu, 
war ein sehr angenehmes, braves Baby was sehr selten schrie nur dann, wenn ich beispielsweise 
Bauchweh oder sonst irgendein Problem hatte. 



Oft wurden meine Eltern und ich von fremden Leuten wegen meiner "schoenen
Augen" angesprochen.

Im Alter von sechs bis sieben Monaten fiel auf, dass ich 
mich noch immer nicht drehen konnte, 
wie das bereits andere Babys aus meiner Krabbelgruppe machten.
Ein Besuch beim Kinderarzt bestaetigte eigentlich nur meine "Faulheit", 
ich sei halt ein sehr schweres Baby und bei einigen Kindern dauere 
es halt laenger aber auf die Nachfrage meiner Mama hin, sollten wir 
dann halt mal zur Krankengymnastik.

Hierzu hatte ich absolut keine Lust, zumal ich einen 
Therapeuten hatte, der wirklich keine Ahnung hatte, 
halt eben eine normale Krankengymnastikpraxis. 
So wurde das Ganze dann eben irgendwann abgebrochen. 
Mit 9 Monaten konnte ich mich dann liegend drehen, aber
 in Bezug auf meine Mobilitaet, sollte das zunaechst der einzige 
Fortschritt bleiben.

Im Alter von 12 Monaten dann ging meine Odyssee durch 
viele, viele Kliniken los.
Gleichzeitig begann ich mit Krankengymnastik nach
 Voijta, was mir aber gar nicht gefiel.


Nach vier Monaten intensiver Voijta- Gymnastik, wechselte ich dann 
zu Bobath. Das war schon besser und ich konnte auch bis zum 
Alter von 3 Jahren einige Teilerfolge in meiner Entwicklung erzielen.



 Mein grosses Problem ist meine extreme Hypotonie, 
d.h. ich habe eine extreme Muskelschlaffheit, 
die es mir bis Heute nicht ermoeglicht hat zu Gehen, 
zu Krabbeln oder alleine zu sitzen. 



Im Rahmend dieser Bobath-Therapie, konnte ich meine Muskulatur 
etwas stabilisieren. 
Ich hatte eine tolle Therapeutin, dies ist sehr wichtig fuer 
den moeglichen Erfolg.

Diese ganze Zeit war von verschiedenen Klinikbesuchen begleitet. 
Siegen, Goettingen, München, Mexiko und immer wieder Marburg, 
aber nach allen Tests immer die gleiche Diagnose: 

Keine Diagnose!

Im Alter von 2 Jahren wurde ich das erste mal mit der Moeglichkeit 
des Rett-Syndroms konfrontiert.
Aber durch den untypischen Verlauf meiner Erkrankung wurde diese 
Annahme nicht bestaetigt.

Die Diskussion ueber Rett- Syndrom hat uns immer begleitet. 
Alle Fachleute waren sich einig, dass ich zwar einige Symptome 
des Rett- Syndroms habe aber dass doch eindeutige, 
typische Symptome bei mir nicht vorliegen. 
So hatte ich nie ein Entwicklungs- Plato erreicht, meine Entwicklung war 
durchgaengig sehr langsam verlaufen. 
Auch meine sozialen Kontakte waren immer sehr gut.

Ich lache sehr gerne und liebe es mit vielen Leuten zusammen zu sein. 
Natuerlich war und bin ich dann immer Mittelpunkt, was mir besonders gefaellt.

Als ich 3 Jahre alt war, hatten  meine Eltern im Internet 
von einer amerikanischen Therapiemethode
gehoert, die zwar in Deutschland umstritten ist 
aber sehr gute Therapieerfolge aufweist.
Für meine Eltern Grund genug diese Therapie auszuprobieren.
Sie bestellten sich das Buch: 

"Was koennen Sie fuer Ihr hirnverletztes Kind tun"
von Glenn Doman.

Zwischenzeitlich besuchten wir einige Male Florence Scott, 
die von einer Selbsthilfegruppe 2-3 mal im Jahr  in die Naehe von Stuttgart 
eingeladen wird.

 

Florence hatte viele Jahre mit Glenn Doman zusammengearbeitet 
und eine eigene Therapieform entwickelt, 
die nicht so intensiv wie die Doman`s ist.
Auch Florence erwaehnte die Moeglichkeit des Rett- Syndroms, 
es blieb aber bei der Diskussion,
da wie gesagt typische Symptome und das typische 
Erscheinungsbild fehlten.

Wir versuchten die Therapie mit der Hilfe von Freunden, 
Bekannten und Nachbarn durchzufuehren,
was auch ganz gut klappte.

Ansatzweise waren Erfolge zu bemerken, was meine Eltern 
dazu bemutigte, einen Videokurs bei

 "the institutes of the human potential"

zu machen. 
Diesen absolvierten meine Eltern in Mexico- City und es entstand 
der Plan dieseTherapie in Mexico mit meiner Mama bei Oma 
und Opa auszuprobieren.

Im August 1998 war es dann so weit, wir fuhren nach Mexico 
und begannen intensiv nach Domans Methode zu arbeiten. 
Wieder erwarten war es nicht langweilig fuer mich, es machte
sogar Spass und schnell stellten sich kleine Erfolge bzgl meiner 
Hypotonie ein, ich machte Fortschritte auf der Rampe.

Zwischenzeitlich war ich wieder mit meiner Mama in Deutschland 
und im Sommer 1999 bekam ich
dann zusaetzlich Epilepsie und ich musste eine Zeit im 
Krankenhaus verbringen. Ich wurde auf
Tegretol eingestellt und konnte nach langer Pause wieder mit 
meiner Therapie fortfahren.



Noch einmal versuchten wir mit hoher Intensitaet nach 
Doman`s Methode zu arbeiten, was mir
nicht immer gut gefiehl.

Nach der Entdeckung der MECP2- Mutation im September 1999, 
wurde mein Blut im Januar 2000
an der Stanford- University getestet. 
Die Mutation wurde gefunden:

C502T leading to R164X

Mit der ansonsten bestehenden Symptomatik bei mir, 
war also ein Rett-Syndrom zu diagnostizieren.
Viele sonst in Frage kommenden Stoffwechselerkrankungen waren 
ja bereits ausgeschlossen.



Zur Zeit turne ich nach Bobath, 

mache Hippotherapie, 
Wassertherapie, und trainiere Handgeschicklichkeit und 
gestuetzte Kommunikation.

Koerperlich geht es mir sehr gut. Ich habe ein relativ hohes Gewicht, 
habe guten Appetit, nur bezueglich meiner Mobilitaet 
habe ich leider keine Fortschritte gemacht.



Ich besuche zur Zeit den integrativen Kindergarten der 
Lebenshilfe in Herborn-Burg, was mir viel Spaß macht.
Auch die anderen Kinder meiner Gruppe geniessen es mit 
mir zusammen zu sein.

-Textbeginn